benachbarten Sprachregionen, abgesehen vom rätoromanischen, lokalpolitischen Gebrummel, mit «Klimasorge», «Tunnel der Hamas» oder «künstliche Intelligenz» auf die ganz grossen Themen der Weltbühne hinweisen, ist die Deutschschweiz geradezu pubertär unterwegs und immer noch mit «Ghosting» beschäftigt. Wie es dieses Wort auf den dritten Platz geschafft hat, ist mir schleierhaft. Geghosted wird seit es Messengers gibt, seit Mitte des letzten Jahrzehnts wird es auch so benannt und spätestens ab diesem galt der vollständige, unangekündigte Kontaktabbruch als absolutes No-Go. Niemand macht das mehr und ich hätte schwören können, die Diskussion darüber sei auch beendet.

Auch das zweitplatzierte Wort enttäuscht. Wie zum Teufel ist aus den Millionen von begutachteten Texten der «Chatbot» hervorgekommen? Da hätten wir genauso gut mit den Romands bei der künstlichen Intelligenz mitgehen können. Beschäftigen uns Chatbots? Ich persönlich habe noch nie einen Gedanken an diese programmierten Assistenten verschwendet, geschweige denn davon gelesen. Sogar die rhätischen Wolfsrudel scheinen mir, einer eingefleischten Urbanerin, thematisch naheliegender.

Das Gewinnerwort ist wiederum so spezifisch und originell, dass wir uns doch nicht schämen müssen. Dem Bankendrama vom vorletzten März gewidmet, ist die «Monsterbank» eine kreative, Filmtitel-reife Hommage an die Schweizer Angst, den Reichtum zu verlieren. Ausserdem ist erstaunlich, dass es eine Wortkreation an die Spitze des Deutschschweizer Vokabulars geschafft hat – mit solchen wird in unserer verhaltenen Sprache sonst eher gespart. Die Monsterbank passt zudem wunderbar aufs deutsche Wörterpodest, als Teil einer pseudo-oberflächlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Jahr noch einige spannende Ereignisse hervorbringt, damit wir nächstes Jahr endlich nicht mehr ghosten müssen.